Sonntag, 31. Oktober 2010

Eine kleine Einleitung

Dies soll also mein "digitales Restaurationstagebuch" werden.

Ich muss zugeben, dass ich so etwas in dieser Form noch nie gemacht habe - man möge mir daher ggf. auftretende Formfehler verzeihen.  Aber nach fast 10 Jahren, die ich damit verbracht habe, den 50er Jahre "American Way Of Drive" aufrecht zu erhalten, finde ich diese Form ganz gut, um Fortschritte (und auch Rückschläge) mal zu dokumentieren.

Ende September 2010 war es also mal wieder soweit, ein "neuer" alter Ami sollte es sein. Angefangen hat der ganze Spaß mal vor knapp 10 Jahren mit einem Buick von 1956. Einige Jahre zuvor erfasste mich das Rock 'n Roll-Virus.  Die Ikea-Möbel gingen zum Schrott, Nierentisch und Tütenlampe ersetzten die freien Flächen.  Der Farbfernseher wich dem 50er Jahre Schwarz-Weiß-Gerät.

Die Frisur wurde mit ordentlicher Pomade versehen, gekrempelte Jeans und Boots  veränderten meinen Kleiderschrank. 


"Mr. Rock 'n Roll" brauchte also auch ein anständiges Auto - n 88er Ford Escort mit Weißwandreifen hätte auch bescheuert ausgesehen (obwohl aus heutiger Sicht... naja...).

Wie die Jungfrau zum Kind kam ich damals zu dem Buick. Ich, der von Autos absolut gar keine Ahnung hatte.

Um mich kurz zu fassen - ich fuhr dieses Auto 5 Jahre lang als Alltagswagen. Bei Wind und Wetter, Sonne und Schnee. Und ich muss zugeben, es war die wohl bis dahin beste Zeit meines Lebens.

Entgegen böswiller Gerüchte hatte es nie etwas mit "kleines Ego braucht großes Auto" zu tun, sondern dieses Auto war einfach Balsam für die Seele. Egal wie besch...en es mir auch ging, hinter dem Lenkrad waren alle Sorgen weit weg. Wer nicht selber mal solch ein Auto gefahren ist, kann das wahrscheinlich nicht nachvollziehen und hält mich für irre...

Ich, 2001



 Die Jahre vergingen und ich hab ne Menge Lehrgeld bezahlt. Lehrgeld für das ich aber auch im Gegenzug eine Menge Erfahrungen bekommen habe. Ausgestattet mit einem englischen original Shop Manual habe ich immer versucht, alles selber zu machen und mich in die Materie hineinzulesen. Meistens erfolgreich.

Bei Oldtimern geht das ja  im Gegensatz zu heutigen Autos noch ganz gut ;)

Gut, der Buick musste 2005 dann auch wieder verkauft werden.  Akuter Geldmangel in Verbindung mit einem defektem Motor hat sich einfach nicht vertragen.

2 Jahre vergingen ganz ohne Auto - eine fürchterliche Erfahrung, wenn man es doch vorher gewohnt war, mal eben von A nach B zu Freunden zu fahren.  Immerhin habe ich in den 4 Jahren gut 90 000 Kilometer mit dem Buick zurückgelegt.

2007 sollte es dann wieder ein Ami sein, wenn auch kein 50er Jahre Auto. Für "Kleingeld" schaffte ich mir also einen 1987er Buick Riviera an.  Was für eine hässliche Kiste... Ein langweiliger V6, der im Stadtverkehr mehr brauchte, als der alte 5,3 Liter V8. Das Teil machte aber auch nur Probleme.  Undichte Ventildeckel, digitale Anzeigen, die auch ab und zu mal komplett ausfielen und, und, und...



Ich wollte also wieder einen richtigen V8. Und ein richtiges Auto.

So kam ich dann zu einem frisch aus den Staaten importierten 88er Lincoln Towncar. Natürlich nur mit US-Title und Verzollungspapieren.   Schnell mal umrüsten und zulassen, dachte ich.


HAH! Schnell mal umrüsten und zulassen - aber nicht in Deutschland. Einige Monate später und 3000 Euro (Umrüst-, TÜV-, und Zulassungsstellenwahnsinns- )  Lehrgeld ärmer, hatte ich also endlich wieder ein echtes Wohlfühlauto unter dem Hintern.

Der 87er Riviera wurde schnell wieder abgeschafft. Zum Glück fand sich jemand, der sich den wieder schick machen wollte.

Das Towncar läuft heute noch sehr schön, auch wenn ich in den knapp 2 Jahren schon wieder 60.000 Kilometer damit unterwegs gewesen bin.  Es ist einfach ein tolles Auto und dank winzigen 4,9 Litern Hubraum auch "sparsam" - mit Durchschnittlich 11,5 Litern auf 100 KM bin ich da sehr zufrieden.


Ich, 2009 (ich glaube, mir weniger Haaren)
Auch sehr schön



Zu der Zeit kam dann auch eine neue Frau dazu. Ähnlich sparsam im Verbrauch.
Naja, was soll ich sagen - ebenfalls vom US-Car und Rock 'n Roll-Fieber infiziert, verkaufte die dann ihren 3 Jahre alten Toyota, um sich auch ein richtiges Auto zu kaufen...

Wenn Männer so etwas machen ist es ja schon irre, wenn Frauen das machen...

Also ein wenig gesucht und bei Ebay dann diese Kiste ersteigert


Tadaaaa! Ein 1954er Packard! Oh man, diesmal hatte ich in die Sche...e gegriffen. Von Buick war ich es ja gewöhnt, dass die Ersatzteilversorgung alter amerikanischer Dinosaurier gar kein Problem ist. Diesen Gedanken musste ich bei Packard-Teilen korrigieren. Teile für eine Automarke, die schon seit 1958 pleite ist, bekommt man in den Staaten. Aber die Preise... AUA.

Im Nachhinein hat der Verkäufer dann wohl vergessen, die schwerwiegenden Mängel zu erwähnen...
Kreuzgelenke im Eimer, Buchsen vorne gammelig, Vergaser ausgenudelt, Dichtungen alles andere als dicht.
Gekauft wurde das Auto im September Oktober 2009.  Insbesondere der Winter hat riiiiiieesigen Spaß gemacht, als wir feststellten, dass einer der Vorbesitzer mal das Heizungsgebläse samt Gehäuse entfernt hat. Das machen beschlagene Scheiben gleich doppelt Spaß.

Mal auf die Schnelle 2000 Euro für Teile und Arbeiten versenkt und dann zum Glück den Wagen wieder losgeworden. Allerdings nur zum Einkaufspreis.  Auch hier wieder Lehrgeld bezahlt.


Eine normale Frau lässt ja spätestens nach so einem Erlebnis die Finger von den alten Amis. Normale Frauen.

Kaum war der Packard wieder verkauft, begann das ganze Spiel von vorne.  Morgens, mittags und abends wurde ich zu verschiedenen Fahrzeugen befragt. Mobile.de war immer geöffnet und wurde ständig aktualisert.

Ich muss zugeben, ich war nach einiger Zeit echt genervt und hatte absolut keinen Bock mehr.

Hier und da immer wiedr verlockende Angebote, die auf den ersten Blick gut klangen, auf den zweiten Blick sich aber als ähnliche Vollkatastrophen herausstellten.

Ein 58er Buick aus Berlin war echt der Knaller. Ein völlig verbasteltes Auto, wohl mit 1000 Euro Kapital "restauriert"... Auf den Bildern echt schön, vor Ort nur ein teurer Müllhaufen.

Die Preisvorstellungen mancher Leute sind sehr interessant. Auch der Begriff "Patina", gern ein "leichte" vorangestellt, muss dringend mal neu definiert werden.

Kurze Zeit später fand sich dann tatsächlich ein gutes Auto in Holland. Ein Chrysler Saratoga, Baujahr 1952.

Tja, was soll ich sagen, die Frau ist nun tagtäglich unterwegs in ihrem 52er Chrysler. 5,4 Liter Hem-V8 mit ausreichend PS und einem wunderbaren Klang. Man könnte fast neidisch werden.

Und dann ist das Auto auch noch in einem Zustand, über den man sich absolut nicht beschweren kann...






Ich bin jedenfalls sehr stolz, dass sie sich, gerade als Frau, von nervigen Rückschlägen nicht hat kleinkriegen lassen und weiterhin ihr Ding durchzieht. Mehr Frauen von diesem Typ würden der Oldtimer- / US-Car-Szene sicherlich gut tun.





Der Sommer 2010 verging also so langsam und, ich muss es ja zugeben, es war ein wirklich schöner, wenn auch kurzer Sommer.

Dass der Herbst noch so interessant werden sollte, hätte ich dann eigentlich nicht erwartet...